Gehen Eheringe auch nachhaltig? Ein Interview mit Ro finedesign in Kassel

Interview mit Goldschmiedin Roberta Palluch

Ob schlicht oder extravagant – in jedem Fall sollten eure Trauringe nachhaltig sein.

Goldabbau steht schon lange in der Kritik. Unfaire Behandlung der Arbeitskräfte, Ausbeutung der Ressourcen. Doch es geht auch anders und immer mehr Schmuckdesigner und Goldschmied:innen zeigen das auch. 

Ein Tipp vorweg: Wenn ihr euch nicht sicher seid, ob eure Eheringe unter fairen Bedingungen hergestellt wurden, dann fragt einfach nach. Unternehmen, die ebenfalls wert auf Nachhaltigkeit legen, werde diese Info nicht vor euch verstecken.

Wir haben uns im Kreis Kassel auf die Suche nach ressourcenschonenden Eheringen gemacht und Roberta Palluch von Ro finedesign gefunden. Für die Goldschmiedin kommen Edelmetalle aus konventionellem Abbau gar nicht infrage. Im Interview verrät sie uns, warum sie fast ausschließlich mit recycelten Rohstoffen arbeitet, welche Ausnahmen es gibt und noch einiges mehr zu ihrer Arbeit.

MAGST DU DICH UND DEINEN BERUF ALS GOLDSCHMIEDIN KURZ VORSTELLEN?

Ich heiße Roberta Palluch, komme gebürtig aus Kassel und ich habe 2013 meine Goldschmiedelehre in einem kleinen Familienbetrieb begonnen.

Nach dem Abi wusste ich zunächst gar nicht, was ich machen wollte. Schon als Kind habe ich Edelsteine gesammelt und dachte daher, ich schnupper mal in einem Praktikum in den Beruf der Goldschmiedin rein. Das passte dann so gut und hat mir auch so viel Spaß gemacht, dass ich direkt das Angebot für die Ausbildung angenommen habe. Es war also letztendlich mehr Zufall, dass ich Goldschmiedin geworden bin.

Nach meiner Prüfung habe ich in meinem Lehrbetrieb drei weitere Jahre gearbeitet und im Oktober 2020 endlich den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt – im Coronajahr – und Ro finedesign gegründet!

Bei mir können Kund:innen nicht nur neue Schmuckstücke in Auftrag geben oder aus meiner Kollektion wählen, sondern ich mache auch Umarbeitungen und Reparaturen von vorhandenen Schmuckstücken.

WANN WURDE ES FÜR DICH WICHTIG, MIT NACHHALTIGEN MATERIALIEN ZU ARBEITEN?

Bereits während der Ausbildung bin ich damit in Berührung gekommen, da auch mein Lehrbetrieb viele Umarbeitungen von Altgold gemacht hat. In der Berufsschule war der Abbau von Gold und die hauptsächlich schlechten Bedingungen ebenfalls ein Thema, das behandelt wurde. Da war mir direkt klar, dass ich mit solchen Materialien nicht arbeiten will. Ich wüsste tatsächlich auch gerade nicht, wo ich Gold aus konventionellem Abbau herbekommen sollte, weil das nie eine Option für mich war.

Vor allem kleinere Unternehmen legen immer mehr Wert auf recyceltes Material. Ich arbeite mit einer Edelmetall-firma zusammen, zu welcher ich all meine Edelmetallreste und auch verwendete Arbeitsmaterialien, wie Schmirgelpapier zum Recycling schicke, so entsteht ein kleiner "Recyclingkreislauf" zwischen mir und der Firma. Von dort erhalte ich hauptsächlich mein Material.

Wenn Kunden mich explizit nach Fair Trade Gold fragen, weil es unbedingt neuer Rohstoff sein soll, dann habe ich auch dafür einige Ansprechpartner.

MIT WELCHEN MATERIALIEN ARBEITEST DU?

Ich verwende recyceltes Gold, Platin, Palladium und Silber. Bei der Wiederverwendung von Edelsteinen ist es immer etwas aufwendiger, da ich diese nicht selbst umschleifen kann. Wenn Kunden mit einem Stein kommen, der ihnen viel wert ist, dann gebe ich das in Auftrag. Ansonsten beziehe ich meine Steine von einem kleinen Unternehmen aus Idar-Oberstein, die ihre gesamte Lieferkette kennen und so faire Edelsteine liefern können.

DU BESITZT EIN ZERTIFIKAT, DASS DU NACHHALTIG ARBEITEST. WAS MUSS MAN ALS GOLDSCHMIEDIN DAFÜR TUN?

Ich musste nachweisen, zu wie viel Prozent ich recycelte Materialien einsetze. Da das bei meiner Arbeit nahezu 100 Prozent sind, war das kein Problem.

WIE KANN ICH MIR DEINE ARBEIT VORSTELLEN? STELLST DU EIGENE KOLLEKTIONEN HER ODER ARBEITEST DU NUR AUF KUNDENBESTELLUNG?

Wenn ich gerade nicht viele Kundenaufträge habe, setze ich mich tatsächlich häufig einfach hin und arbeite drauf los. Das startet immer mit Zeichnungen, also ganze Kollektionen entstehen erst einmal auf Papier. Wenn ich mich dann wirklich ans Erstellen der Schmuckstücke setze, ändert sich der Entwurf jedoch auch häufig, weil mir bei der Arbeit selbst immer viele Ideen kommen.

Wenn ich Kundenaufträge habe, dann werden Entwürfe ganz detailgenau besprochen, damit der oder die Kundin*in am Ende das Schmuckstück bekommt, das zu 100 Prozent gefällt. Erst dann beginnt die tatsächliche Arbeit mit dem Material.

Bei Eheringen kommt häufig der Wunsch auf, selbst ein wenig mitarbeiten zu können. Das realisiere ich auch immer gern!

KANNST DU SELBST AUCH GOLD EINSCHMELZEN?

Zum gewissen Teil ja. Ich habe einen kleinen Brenner, allerdings ist die Flamme zu schwach, um große Mengen zu schmelzen. Aber für kleine Schmuckstücke wie zarte Ringe ist das kein Problem.

Für größere Stücke, wie auch Eheringe, die oft etwas breiter sind, schicke ich das Gold zur Gold-scheideanstalt und bekomme den Guss in einer Form wieder, mit welcher ich direkt weiterarbeiten kann.

KANNST DU UNS EINEN UNGEFÄHREN PREISRAHMEN FÜR VERLOBUNGS- UND EHERINGE NENNEN?

Das kommt auf viele Faktoren an, wie Größe, Legierung, Steine und so weiter. Feine Ringe mit Gravur starten so bei ungefähr 1000 Euro für zwei Ringe. Nach oben sind natürlich keine Grenze gesetzt.

WELCHE UNTERSCHIEDE IN DER GOLDQUALITÄT GIBT ES?

Die gängigsten Legierungen sind 333, 585 und 750 und das kann man sich wie eine Weinschorle vorstellen, in welcher der reine Wein mit Wasser gemischt wird. 750er zum Beispiel besteht aus 75 % Gold, während das 585 58,5 % Goldanteil hat. Der restliche Wert wird dann mit anderen Metallen gemischt, wie z.B. Silber oder Palladium, um die Härte zu steigern. Reines Gold wird eher selten verarbeitet, weil es sehr weich und damit auch gar nicht so gut geeignet ist für Schmuck.

WIE IST DENN DEINE VORLAUFZEIT, WENN EIN PAAR ZUM BEISPIEL EHERINGE MÖCHTE?

Mindestens 1 Monat, entspannter sind 1,5 Monate. Dann sind auch alle Eventualitäten, wie kleine Verzögerungen beim Graveur, mit eingeplant.

Vielen Dank an Roberta für das tolle und informative Interview. 

Du hast noch Fragen zu nachhaltigen Trauringen? Dann nutze gerne die Kommentarsektion und wir leiten deine Frage an Roberta weiter.

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